Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Korrektur bestandskräftiger Bescheide nach Außenprüfung

Am 6. Mai 2024 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall III R 14/22 zur Korrektur von bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden nach einer Außenprüfung. Der BFH hob das vorherige Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Hintergrund der Entscheidung
In den Jahren 2013 und 2014 ermittelte der Kläger, ein Einzelunternehmer, seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Dabei wurden erheblicheMängel in der Kassenführung festgestellt. Die Aufzeichnungen waren nicht gegen nachträgliche Änderungen geschützt und es gab viele unbelegte Korrekturen auf den Z-Bons.

Wesentliche Aspekte der Entscheidung
Der BFH stellte fest, dass die Art und Weise der Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen als Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu betrachten ist. Die Finanzbehörde kann aufgrund dieser Tatsachen eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vornehmen, wenn die Aufzeichnungen unvollständig oder fehlerhaft sind.

Schätzung bei Mängeln in der Kassenführung
Sowohl bei Verletzung der Aufbewahrungspflicht als auch bei Verletzung der Aufzeichnungspflicht ist das Finanzamt dem Grunde nach zur Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO berechtigt (BFH-Urteil vom 26.02.2004 – XI R 25/02, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599, unter II.1.e). § 162 Abs. 1 Satz 1 AO regelt, dass die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen hat, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag beziehungsweise wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 Abs. 2 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Nach § 158 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Diese Vorschrift gilt auch für Aufzeichnungen, die nach Einzelsteuergesetzen (z.B. § 22 UStG) zu erstellen sind, sowie für Aufzeichnungen im Zusammenhang mit einer Einnahmenüberschussrechnung (Seer in Tipke/Kruse, § 158 AO Rz 2; vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2017 – VIII R 5/14, BFH/NV 2018, 602, Rz 33 f.; vgl. BFH-Beschluss vom 08.08.2019 – X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 16). Grundsätzlich verdient eine Einnahmenüberschussrechnung nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen(BFH-Urteile vom 15.04.1999 – IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, unter II.3. und vom 12.12.2017 – VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606, Rz 57).

Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bedeutet nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft hinnehmen muss. Der Steuerpflichtige trägt das Risiko, dass das Finanzamt oder das Finanzgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen können und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 162 AO erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.1999 – IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, unter II.3. und BFH-Beschluss vom 11.11.2022 – VIII B 97/21, BFH/NV 2023, 113, Rz 13).

Zur (Hinzu-)Schätzung berechtigen auch formelle Mängel der Aufzeichnungen über Bareinnahmen, die zwar keinen sicheren Schluss auf eine Einnahmenverkürzung zulassen, aber dazu führen, dass keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen besteht, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation beziehungsweise eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25.03.2015 – X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 27; BFH-Beschlüsse vom 14.08.2018 – XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1, Rz 10 und vom 08.08.2019 – X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 18 f.).

Beratungshinweis für Mandanten
Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Kassenführung und Aufzeichnungspflichten für Einzelunternehmer. Fehlerhafte oder unzureichende Aufzeichnungen können zu nachträglichen Steuerkorrekturen und zusätzlichen Steuerbelastungen führen. Dies gilt nach BFH auch dann, wenn die jeweiligen Steuerbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen und bekanntgegeben worden sind. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung besteht, kann die Finanzbehörde den Steuerbescheid jederzeit ändern, sowohl zu Gunsten als auch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen. Dies ermöglicht der Behörde, nachträglich erkannte Fehler zu korrigieren oder zusätzliche Informationen zu berücksichtigen. Ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wird nicht bestandskräftig. Das bedeutet, er erlangt nicht die gleiche rechtliche Unanfechtbarkeit wie ein endgültiger Steuerbescheid. Die Fristen für Einsprüche oder Klagen ändern sich jedoch nicht. Der Vorbehalt der Nachprüfung kann aber nicht unbegrenzt bestehen bleiben. Nach Ablauf der Festsetzungsverjährung, die in der Regel vier Jahre beträgt, kann der Bescheid nicht mehr geändert werden, es sei denn, es liegen bestimmte Ausnahmefälle vor (z.B. bei Steuerhinterziehung). Vorliegende BFH-Entscheidung stellt nunmehr klar, dass Bescheide auch ohne Vorbehalt der Nachprüfung über die Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Durchbrechnung der Bestandskraft vom Finanzamt herangezogen werden kann. Wir empfehlen daher dringend, Ihre Buchführungs- und Aufzeichnungspraxis regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Bei Fragen oder Unsicherheiten stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

Gewinnerzielungsabsicht eines beratenden Betriebswirts bei Verlusten in der Anlaufphase – Ein Urteil des FG Münster

Einleitung

Am 13. Juni 2023 fällte das Finanzgericht (FG) Münster ein wegweisendes Urteil zur Gewinnerzielungsabsicht eines beratenden Betriebswirts bei Verlusten in der Anlaufphase seines Betriebs. Das Urteil klärt, unter welchen Umständen eine Gewinnerzielungsabsicht trotz andauernder Verluste angenommen werden kann und welche Kriterien dabei entscheidend sind. Dieser Beitrag beleuchtet die wesentlichen Punkte des Urteils und gibt abschließend Empfehlungen für Steuerpflichtige.

Hintergrund des Urteils

Der Kläger, ein Diplom-Kaufmann und Master of Arts, arbeitete bis 2015 als Unternehmensberater und nahm 2014 eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberater und Dozent auf. In den ersten Jahren seiner Selbständigkeit erzielte er nur geringe Einnahmen und meldete Verluste. Das Finanzamt erkannte die Verluste zunächst an, änderte jedoch später seine Auffassung und verneinte die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers.

Wesentliche Punkte des Urteils

Das FG Münster entschied zugunsten des Klägers und stellte klar, dass bei der Bewertung der Gewinnerzielungsabsicht mehrere Faktoren berücksichtigt werden müssen:

  1. Berufliche Qualifikationen und Erfahrung: Der Kläger hatte jahrelange Erfahrung und zahlreiche berufliche Qualifikationen, was für eine ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht spricht.
  1. Belastbares Betriebskonzept: Das Gericht erkannte an, dass das Betriebskonzept des Klägers geeignet war, zukünftig Gewinne zu erwirtschaften.
  1. Anlaufphase eines neuen Betriebs: Verluste in den ersten fünf Jahren eines neu gegründeten Betriebs sind nicht ungewöhnlich und können als Anlaufphase betrachtet werden.
  1. Fehlen persönlicher Gründe für die Verluste: Es gab keine Hinweise darauf, dass der Kläger die Verluste aus persönlichen Gründen hinnahm. Die Verluste allein wegen der Möglichkeit der Verrechnung mit den Einkünften seiner Ehefrau zu akzeptieren, reicht nicht aus, um eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht anzunehmen.
  1. Echte Kosten statt kalkulatorischer Kosten: Die vom Kläger geltend gemachten Kosten waren real und nicht nur theoretischer Natur.

Praktische Implikationen

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis:

– Erhöhte Rechtssicherheit: Unternehmensberater und andere Freiberufler können sich auf dieses Urteil berufen, wenn sie in der Anlaufphase Verluste erleiden.

– Wichtigkeit einer soliden Geschäftsplanung: Eine gut durchdachte und dokumentierte Geschäftsstrategie kann helfen, die Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen.

– Berücksichtigung der individuellen Umstände: Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht müssen die spezifischen Umstände jedes Einzelfalls berücksichtigt werden.

Empfehlung für Steuerpflichtige

Für Steuerpflichtige, die in der Anlaufphase ihres Unternehmens Verluste erleiden, empfiehlt sich Folgendes:

  1. Dokumentation der Geschäftsstrategie: Halten Sie Ihre Geschäftspläne und -strategien detailliert fest, um die Ernsthaftigkeit Ihrer Gewinnerzielungsabsicht zu belegen.
  1. Nachweis beruflicher Qualifikationen und Erfahrungen: Dokumentieren Sie Ihre beruflichen Qualifikationen und relevanten Erfahrungen, um Ihre fachliche Eignung zu unterstreichen.
  1. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Geschäftskonzepts: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Geschäftsstrategie und passen Sie diese bei Bedarf an, um langfristig profitabel zu arbeiten.
  1. Beweisführung für echte Betriebskosten: Stellen Sie sicher, dass alle geltend gemachten Kosten real und nachweisbar sind.
  1. Vermeidung des Anscheins persönlicher Gründe: Vermeiden Sie es, dass Verluste als aus persönlichen Gründen akzeptiert erscheinen. Ein professioneller und intensiver Geschäftsbetrieb sollte nach außen sichtbar sein.

Fazit

Das Urteil des FG Münster vom 13. Juni 2023 ist ein Urteil, welches die Bewertung der Gewinnerzielungsabsicht in der Anlaufphase eines Unternehmens klärt. Es bietet Freiberuflern und Unternehmensgründern mehr Rechtssicherheit und betont die Bedeutung einer gut dokumentierten Geschäftsstrategie. Steuerpflichtige sollten diese Aspekte berücksichtigen, um bei Verlusten in der Anlaufphase nicht in die Liebhabereifalle zu geraten

Zusammenfassung des BMF-Schreibens zur Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Hintergrund und Kontext

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 5. Februar 2024 ein Schreiben zur Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) veröffentlicht. Diese Änderungen treten sofort in Kraft und berücksichtigen die Ergebnisse der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder. Das Schreiben betrifft hauptsächlich die Definition und die Anwendungsregelungen zu den Begriffen „Geschäftsleitung“ (§ 10 AO) und „Betriebstätte“ (§ 12 AO).

Änderungen zu § 10 AO – Geschäftsleitung

Definition der Geschäftsleitung:

Die „Geschäftsleitung“ wird als der „Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung“ definiert. Entscheidungsort ist dort, wo der maßgebliche Wille für die Geschäftsleitung gebildet wird und wichtige Maßnahmen der Geschäftsführung angeordnet werden.

Tagesgeschäft und Organisation:

Entscheidend ist der Ort, an dem alltägliche und organisatorische Maßnahmen tatsächlich ausgeführt werden.

Strategische Entscheidungen:

Maßnahmen, die die Grundlagen des Unternehmens betreffen, wie Unternehmenspolitik und wichtige wirtschaftliche Entscheidungen, sind nicht entscheidend für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung.

Räumliche Aspekte der Oberleitung:

Die Ausübung von Leitungsfunktionen erfordert keine feste Geschäftseinrichtung. Geschäftsleitende Handlungen können auch in der Wohnung des Geschäftsführers oder in den Räumen einer Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft stattfinden.

Einzelfallbetrachtung:

Bei der Beurteilung sind Art, Umfang, Struktur und Eigenart des Unternehmens individuell zu berücksichtigen.

Mehrere Geschäftsleitungsorte:

Sind mehrere Orte für die Geschäftsleitung relevant, müssen die Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung gewichtet werden, um den Hauptort der Geschäftsleitung zu bestimmen.

Notwendigkeit eines Geschäftsleitungsortes:

Jede juristische Person muss mindestens einen Ort der Geschäftsleitung haben.

Ermittlung durch das Finanzamt:

Wenn der vom Steuerpflichtigen angegebene Ort der Geschäftsleitung nicht bestätigt wird, ist der Wohnsitz des Geschäftsführers als Ort der Geschäftsleitung anzunehmen.

Änderungen zu § 12 AO – Betriebstätte

Definition der Betriebstätte:

Eine Betriebstätte erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.

Nicht sichtbare Geschäftseinrichtungen:

Auch unterirdische Rohrleitungen (Pipelines) und bewegliche Geschäftseinrichtungen wie fahrbare Verkaufsstätten können als Betriebstätten gelten.

Rechtliche Befugnisse:

Für die Annahme einer Betriebstätte ist eine rechtliche Befugnis zur Nutzung der Einrichtung oder Anlage notwendig, die nicht einfach entzogen werden kann.

Homeoffice:

Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Homeoffice begründet in der Regel keine Betriebstätte des Arbeitgebers.

Eigene unternehmerische Tätigkeit:

Eine Geschäftseinrichtung dient dann als Betriebstätte, wenn dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird.

Betriebsstätte in fremden Räumen:

Eine Betriebsstätte kann sich auch in den Räumen eines Dritten befinden, wenn dort die Geschäftsführung tatsächlich ausgeübt wird.

Fazit

Diese Änderungen des AEAO sollen für mehr Klarheit und Rechtssicherheit bei der Definition und Anwendung der Begriffe „Geschäftsleitung“ und „Betriebsstätte“ sorgen, indem sie präzise Kriterien und Beispiele für deren Bestimmung bieten

Automatischer Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG)

Einführung

Der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen spielt eine wesentliche Rolle im internationalen Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) regelt in Deutschland die Durchführung dieses Austauschs. In diesem Beitrag informieren wir über die finale Staatenaustauschliste 2024, die für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten zum 30. September 2024 veröffentlicht wurde und über die Konsequenzen für Steuerpflichtige.

Hintergrund

Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) verpflichtet deutsche Finanzinstitute, Daten über meldepflichtige Finanzkonten an das Bundeszentralamt fürSteuern (BZSt) zu übermitteln. Diese Informationen werden dann automatisch mit den zuständigen Behörden anderer Staaten ausgetauscht. Ziel ist es, die Transparenz zu erhöhen und steuerliche Missbräuche zu verhindern.

Finale Staatenaustauschliste 2024 

Mit der Bekanntmachung vom 13. Juni 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die finale Staatenaustauschliste für 2024 veröffentlicht. Diese Liste enthält alle Staaten, mit denen Deutschland zum 30. September 2024 einen automatischen Austausch von Finanzinformationen durchführen wird. Die meldenden Finanzinstitute müssen dem BZSt die entsprechenden Finanzkontendaten bis zum 31. Juli 2024 übermitteln.

Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlagen für den Austausch der Informationen ergeben sich aus verschiedenen internationalen Abkommen und EU-Richtlinien, darunter:
– Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung
– Mehrseitige Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten
– Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen

Staaten auf der finalen Austauschliste 2024

Die finale Austauschliste 2024 umfasst eine Vielzahl von Staaten, darunter:
– EU-Mitgliedstaaten: Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union

– Drittstaaten: Staaten, die Vertragsparteien der Mehrseitigen Vereinbarung sind und die Voraussetzungen für den Informationsaustausch erfüllen

Einige Beispiele aus der Liste:
– Albanien
– Andorra
– Anguilla
– Argentinien
– Australien
– Bahamas
– Bahrain
– Belgien
– Brasilien
– Britische Jungferninseln

Die vollständige Liste ist auf der Internetseite des BZSt unter www.bzst.bund.de einsehbar.

Bedeutung für Finanzinstitute

Die Finanzinstitute in Deutschland sind verpflichtet, die Daten der meldepflichtigen Konten für das Jahr 2023 bis zum 31. Juli 2024 elektronisch an das BZSt zu übermitteln. Diese Daten umfassen unter anderem:
– Kontoinhaber
– Kontostände
– Zinserträge
– Dividenden

Konsequenzen für Steuerpflichtige

Der automatische Austausch von Finanzkontoinformationen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) hat mehrere wesentliche Konsequenzen für Steuerpflichtige. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Steuerhinterziehung und -vermeidung zu erschweren und die Transparenz zu erhöhen. Im Folgenden sind die wichtigsten Konsequenzen aufgeführt:

1. Erhöhte Transparenz und Entdeckungswahrscheinlichkeit
Durch den automatischen Austausch von Finanzkontoinformationen zwischen den Steuerbehörden verschiedener Länder erhöht sich die Transparenz erheblich. Steuerpflichtige können nicht mehr darauf vertrauen, dass Finanzinformationen im Ausland verborgen bleiben. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit von nicht deklarierten ausländischen Konten und Einkünften steigt deutlich.

2. Verpflichtung zur korrekten Deklaration
Steuerpflichtige sind verpflichtet, sämtliche Einkünfte, einschließlich derjenigen aus ausländischen Finanzkonten, in ihrer Steuererklärung anzugeben. Unvollständige oder falsche Angaben können leichter aufgedeckt werden, was zu einer Korrektur der Steuererklärung und gegebenenfalls zu Nachzahlungen führt.

3. Strafrechtliche Konsequenzen
Sollten Steuerpflichtige ihre ausländischen Einkünfte nicht korrekt deklarieren und dies durch den Informationsaustausch aufgedeckt werden, drohen strafrechtliche Konsequenzen wegen Steuerhinterziehung. Dies kann zu erheblichen Geldstrafen und in schwerwiegenden Fällen zu Freiheitsstrafen führen.

4. Zinszahlungen auf Steuernachforderungen
Für nicht deklariertes Einkommen, das durch den Informationsaustausch aufgedeckt wird, können erhebliche Nachforderungen seitens der Steuerbehörden entstehen. Auf diese Nachforderungen werden Zinsen erhoben, die die finanzielle Belastung der Steuerpflichtigen weiter erhöhen.

5. Selbstanzeige und Strafbefreiung
Für Steuerpflichtige, die bisher unentdeckte ausländische Einkünfte nicht deklariert haben, besteht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Diese muss jedoch vollständig und rechtzeitig erfolgen, bevor die Steuerbehörden von den unversteuerten Einkünften Kenntnis erlangen.

6. Änderungen im Verhalten der Steuerpflichtigen
Die erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit und die strengen Konsequenzen führen dazu, dass Steuerpflichtige ihr Verhalten anpassen. Viele Steuerpflichtige werden verstärkt darauf achten, alle relevanten Einkünfte korrekt zu deklarieren und Steuerpflichten fristgerecht zu erfüllen.

7. Auswirkungen auf die Steuerplanung
Steuerpflichtige und ihre Berater müssen ihre Steuerplanungsstrategien überdenken. Die Nutzung ausländischer Konten zur Steuervermeidung wird durch den automatischen Informationsaustausch erheblich eingeschränkt. Steuerplanungsstrategien müssen daher den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprechen und transparent sein.

Fazit

Der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten hat weitreichende Konsequenzen für Steuerpflichtige. Die gestiegene Transparenz und die verbesserten Möglichkeiten der Steuerbehörden, unversteuerte Einkünfte aufzudecken, erhöhen den Druck auf Steuerpflichtige, ihre Steuererklärungen korrekt und vollständig abzugeben. Um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollten Steuerpflichtige die Möglichkeit der
strafbefreienden Selbstanzeige in Erwägung ziehen und ihre Steuerpflichten umfassend erfüllen.

Für eine individuelle Beratung stehen unsere Experten Ihnen gerne zur Verfügung.

Quellen:
Bundesfinanzministerium, Bekanntmachung einer finalen Staatenaustauschliste 2024

 

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Grundsätze zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG)

Das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) zielt darauf ab, steuerliche Missbräuche durch nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete zu verhindern. In diesem Beitrag fassen wir die wesentlichen Inhalte und Maßnahmen des Gesetzes zusammen, wie sie im aktuellen Dokument des Bundesfinanzministeriums dargestellt sind.

I. Umsetzung der Maßnahmen der Gruppe Verhaltenskodex

Das StAbwG setzt die Maßnahmen der EU-Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) um. Diese Maßnahmen richten sich gegen Steuerpraktiken, die als schädlich angesehen werden und die Integrität des Steuersystems gefährden.

II. Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete und Ansässigkeit

Das Gesetz definiert, welche Gebiete als nicht kooperativ gelten und welche steuerlichen Konsequenzen für Unternehmen und Einzelpersonen entstehen, die Geschäftsbeziehungen zu diesen Gebieten unterhalten.

III. Anwendungsbereich

Das StAbwG hat einen klar definierten Anwendungsbereich:

Persönlicher Anwendungsbereich: Es betrifft sowohl natürliche als auch juristische Personen, die in Deutschland steuerpflichtig sind.

Sachlicher Anwendungsbereich: Erfasst werden alle Geschäftsvorgänge mit Bezug zu nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten.

Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Regelungen gelten ab einem bestimmten Zeitpunkt, der im Gesetz näher beschrieben ist​.

IV. Betroffene Geschäftsvorgänge

Das Gesetz beschreibt detailliert die Arten von Geschäftsvorgängen, die unter die neuen Regelungen fallen. Dazu gehören insbesondere Finanzierungsbeziehungen, Versicherungs- und Rückversicherungsprämien, Dienstleistungen sowie der Handel mit Waren und Dienstleistungen​.

V. Abwehrmaßnahmen

Das StAbwG sieht verschiedene Abwehrmaßnahmen vor, um steuerliche Missbräuche zu verhindern:

Wichtige Änderungen und Maßnahmen

  1. Hinzurechnungsbesteuerung: Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung gilt ab 2024 für alle Einkünfte, nicht nur passive. Das bedeutet, dass Gewinne von Tochtergesellschaften in nicht kooperativen Gebieten stärker besteuert werden.
  2. Erhöhte Mitwirkungspflichten: Unternehmen müssen umfassendere Aufzeichnungs- und Meldepflichten erfüllen. Diese Informationen müssen bei Aufforderung der Finanzbehörde an Eides statt versichert werden.
  3.  Quellensteuermaßnahmen: Es werden erweiterte Quellensteuern auf Zahlungen in nicht kooperative Gebiete erhoben.
  4. Versagung von Abkommensvorteilen: Die Vorteile aus Doppelbesteuerungsabkommen werden verweigert, was die steuerliche Attraktivität von Geschäftsbeziehungen zu diesen Gebieten weiter mindert.
  5. Verbot des Betriebs- und Werbungskostenabzugs: Ab 2027 dürfen Betriebsausgaben und Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Geschäften in nicht kooperativen Gebieten stehen, nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden.
  6. Steuerfreistellung bei Gewinnausschüttungen: Ab 2026 wird die Steuerfreistellung von Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen aufgehoben.
VI. Gesteigerte Mitwirkungspflichten

Steuerpflichtige, die Geschäfte mit nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten tätigen, unterliegen erhöhten Mitwirkungspflichten. Sie müssen detaillierte Aufzeichnungen führen und diese der Finanzverwaltung vorlegen. Bei Verletzung dieser Pflichten werden steuerliche Sanktionen verhängt​.

VII. Verhältnis zu anderen Regelungen

Das StAbwG wird in Verbindung mit anderen steuerlichen Regelungen angewendet, um eine umfassende Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken zu gewährleisten. Es steht im Vorrang zu bestimmten anderen Abzugsverboten, wie der Zinsschranke nach § 4h EStG​.

VIII. Liste der nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete

Die EU führt eine Liste von Ländern und Gebieten, die als nicht kooperativ in Steuerangelegenheiten gelten. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert und bildet die Grundlage für die Anwendung der Maßnahmen des StAbwG.

Zusätzlich zu Russland sind die folgenden 15 Länder und Gebiete als nicht kooperative Länder und Gebiete für Steuerzwecke eingestuft:

1. Amerikanisch-Samoa
2. Anguilla
3. Bahamas
4. Britische Jungferninseln
5. Costa Rica
6. Fidschi
7. Guam
8. Marshallinseln
9. Palau
10. Panama
11. Samoa
12. Trinidad und Tobago
13. Turks- und Caicosinseln
14. Amerikanische Jungferninseln
15. Vanuatu

Diese Gebiete erfüllen die Kriterien des § 2 StAbwG und stehen daher im Fokus der Abwehrmaßnahmen des Gesetzes. Änderungen und Aktualisierungen der Liste erfolgen regelmäßig und werden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Fazit

Das Steueroasen-Abwehrgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien und zur Sicherstellung einer fairen Besteuerung. Unternehmen und Einzelpersonen sollten sich mit den neuen Regelungen vertraut machen und ihre Geschäftsbeziehungen entsprechend überprüfen und anpassen.

Für weiterführende Informationen und individuelle Beratung steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung. Bleiben Sie informiert und steuerlich auf der sicheren Seite!

Quellen:

Bundesfinanzministerium, Grundsätze zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG)

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Die Überarbeitung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) durch das BMF

Die Finanzverwaltung hat den Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) mit Schreiben vom 5.2.2024 (IV D 1 – S 0062/23/10003) an zahlreichen Stellen überarbeitet und an die aktuelle Rechtsprechung– insbesondere zum Ort der Geschäftsleitung und zur Betriebsstätte – angepasst und wichtige Ergänzungen vorgenommen.

In AEAO zu § 10 Ziffer 1. wird die „Geschäftsleitung“ als der „Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung“ definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dies der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird und die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden (BFH-Urteil vom 3.7.1997, IV R 58/95, BStBl 1998 II S. 86).

Unter Ziffer 4. zu § 10 im AEAO wird hierzu detaillierter dargelegt, dass die Oberleitung als „Ausübung von Leitungsfunktionen“ üblicherweise in dafür geeigneten Räumen ausgeübt wird. Allerdings ist lt. BMF-Schreiben eine feste – und zudem eigene – Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, hierfür nichterforderlich. Geschäftsleitende Handlungen i. S. d. Tagesgeschäfts eines Unternehmens können auch in der Wohnung des Geschäftsführers vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 23.1.1991, I R 22/90, BStBl II S. 554).

Die Geschäftsleitungsbetriebstätte kann sich aber beispielsweise auch in den Räumlichkeiten einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft (BFH-Urteile vom 3.7.1997, IV R 58/95, BStBl 1998 II S. 86, und vom 23.3.2022, III R 35/20, BStBl II S. 844) oder dem als Unterkunft bereitgestellten Baucontainer o. ä. im Bauleistungsgewerbe (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1998, I R 138/97, BStBl 1999 II S. 437) befinden.

Viele Unternehmer oder Freiberufler nutzen zunehmend sogenannte co-working oder shared-office Arbeitsplätze mit weiteren Bürodienstleistungen zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Die Einschaltung eines Büroservice-Unternehmens ist nach der Verwaltungsanweisung aber nur dann beachtlich, wenn dort tatsächlich unternehmerische Entscheidungen von Gewicht (Geschäftsleitung) getroffen werden.

Das heißt, der Abschluss eines Miet-/ Nutzungsvertrags, der die jederzeitige Nutzungsmöglichkeit des shared-office-Platzes ermöglicht, ist allein kein Kriterium für die Annahme einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte, wenn von dort keine tatsächlich unternehmerischen Entscheidungen von Gewicht (Geschäftsleitung) getroffen werden.

In der aktuellen Verwaltungsanweisung wird der Begriff der „Betriebsstätte“, der in zahlreichen Normen Bedeutung erlangt (z.B. §§ 12, 18 usw.) und eine große Rolle für die Anknüpfung der Besteuerung spielt, ebenfalls weiter konkretisiert und ergänzt.

So wird im AEAO unter § 12 Ziffer 1. auf die Betriebstätte eingegangen, wonach gemäß § 12 Satz 1 AO die Annahme einer Betriebstätte eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraussetzt, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (BFH-Urteil vom 5.11.2014, IV R 30/11, BStBl 2015 II S. 601)

In diesem Kontext wird auch zum Homeoffice als Betriebsstätte durch das BMF Stellung genommen. Danach begründet die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in dessen häuslichem Homeoffice in der Regel keine Betriebstätte des Arbeitgebers. Auch abkommensrechtlich begründet ein häusliches Homeoffice nach deutscher Anwenderstaatsperspektive in der Regel keine Betriebsstätte (feste Einrichtung gemäß Artikel 5 Abs. 1 und Abs. 4 OECD-MA).

Dies gilt laut der Verwaltungsanweisung auch bei:

  • Übernahme der Kosten für das Homeoffice und dessen Ausstattung durch den

Arbeitgeber;

  • Abschluss eines Mietvertrages über häusliche Räume des Arbeitnehmers

zwischen Arbeitgeber (Mieter) und Arbeitnehmer (Vermieter), außer der

Arbeitgeber ist im Einzelfall tatsächlich befugt, die Räume anderweitig zu

nutzen (etwa durch ein Recht zum Entsenden anderer Arbeitnehmer in die

Räume oder ein Recht zum Betreten der Räume außerhalb von Prüfungen zur

Arbeitssicherheit);

  • Fällen, in denen dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz durch den

Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.

Grund hierfür ist, dass der Arbeitgeber typischerweise nicht über eine ausreichende Verfügungsmacht über die häuslichen Räumlichkeiten des Arbeitnehmers verfügt. Anderes kann gelten, wenn ein Arbeitnehmer Leitungsfunktionen ausübt und diese Verfügungsmacht des Unternehmens vermittelt.

Eine Klarstellung zu § 12 Ziffer 10 ist für das internationale Steuerrecht und die Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen wichtig. Das BMF-Schreiben erwähnt noch abschließend gesondert – ohne dass es dazu eigentlich eines besonderen Hinweises nach der geltenden BFH-Rechtsprechung bedurft hätte – dass soweit die Steuergesetze (insbes. EStG und GewStG) den Begriff „Betriebstätte“ verwenden, ohne ihn selbst abweichend von § 12 AO zu definieren (wie etwa § 41 Abs. 2 EStG), sich dieser Begriff grundsätzlich nicht nach der Definition eines einschlägigen DBA bestimmt, sondern nach innerstaatlichem Recht (vgl. BFH-Urteil vom 20.7.2016, I R 50/15, BStBl 2017 II S. 230). DBA legen lediglich fest, in welchem Umfang eine nach innerstaatlichem Recht, unter Berücksichtigung des § 12 AO, bestehende Steuerpflicht entfallen soll. Eine in einem DBA vorgenommene, von § 12 AO abweichende Definition des Begriffs „Betriebstätte“ ist daher nur im Rahmen dieses DBA anwendbar, sofern im innerstaatlichen Recht nichts anderes bestimmt ist.

An dieser Stelle treten häufig in der Praxis Missverständnisse auf und führen zu fehlerhaften Annahmen bei er Definition einer „Betriebsstätte“.

Die von der Finanzverwaltung  veröffentlichten Verwaltungsanweisungen dienen zwar lediglich der Auslegung und Anwendung der Steuergesetze des Bundes und sind entsprechend von der Steuerverwaltung im Vollzug dieser Gesetze zu beachten. Sie haben demnach nicht den Rang eines Gesetzes und mit dem Erlass werden keine Gesetze geändert oder gleich neu geschaffen, sondern binden lediglich die Finanzbehörden bei der Anwendbarkeit der Steuergesetze. Trotzdem sind Verwaltungsanweisungen von erheblicher Bedeutung für Steuerpflichtige. Zeigen diese doch, wie die Finanzverwaltung steuerrechtliche Begriffe in den jeweiligen Steuergesetzen im Einzelfall und detaillierter handhaben wird.

Verwaltungsanweisungen sind daher unerlässlich für die Rechts- und Planungssicherheit der Steuerpflichtigen.

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

 

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Interview mit RA Michael Olfen

 

Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine grenzüberschreitende Rechtsform, welche die transnationale Zusammenarbeit von Unternehmen vereinfacht. Auch die Rechtsanwaltskanzlei OMV PartGmbB hat sich als esb Rechtsanwälte EWIV mit mehreren europäischen Kanzleien zusammengeschlossen.

Anlässlich des scheinbaren Missbrauchs dieser Rechtsform durch beispielsweise die IK-EWIV hat RA Michael Olfen den Deutschen Wirtschaftsnachrichten ein Interview gegeben.

Unter folgendem Link können Sie das ganze Interview mit RA Michael Olfen lesen:

Link: EWIV wird von dubiosen Konstrukten in Verruf gebracht

 

 

Neue Zoll-Strategie gegen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Schwarzarbeit

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kündigte am 03.05.2023 eine neue Strategie der Zollbehörden zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität (OK) und Geldwäsche an. Unter anderem sollen sowohl ein “OK-Bekämpfungszentrum” als auch mehrere regionale Ermittlungszentren errichtet werden.   

Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkündete, dass der Zoll eine neue Strategie brauche, um vor allem “international agierende Täterstrukturen” aufzudecken und zu strafrechtlicher Verantwortung zu ziehen. Der Fokus liege dabei insbesondere auf der Einziehung von illegalen Vermögenswerten. Eine zentrale Maßnahme der Neustrukturierung soll das Errichten von regionalen Ermittlungszentren des Zollfahndungsdienstes sowie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sein. Auch ein Innovationszentrum für die technische Unterstützung der Zolleinheiten sei geplant. Dadurch, dass die Ermittlungszentren die Arbeit im Bereich der Organisierten Kriminalität und der Schwarzarbeit im großen Stil übernehmen, sollen die Zollfahndungsdienste entlastet werden, um sich vermehrt „der Bearbeitung von Basisermittlungen” annehmen zu können. Des Weiteren verfolge die neue Struktur innerhalb der Zollbehörde das Ziel, eine “übergeordnete Betrachtung der Prozesse” zu ermöglichen, betonte Dr. Tino Igelmann, Leiter des Zollkriminalamtes und ehemaliger Direktionspräsident für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Durch das Bündeln aller relevanten Informationen und der nötigen Einsatzkräfte an mehreren regionalen und einem zentralen Ermittlungszentrum solle auch die Zusammenarbeit mit weiteren deutschen und internationalen Behörden erleichtert werden.  

Deutlich wird, dass das politische Bestreben, Organisierte Kriminalität, Geldwäsche sowie Schwarzarbeit zu bekämpfen und insbesondere die dadurch generierten Vermögenswerte einzuziehen, nun durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden soll. Die aktuellen acht OK-Zollfahndungsämter und 41 Hauptzollämter für Schwarzarbeit sollen dafür nicht nur umstrukturiert, sondern auch technisch besser ausgerüstet werden. Aktuell arbeiten laut Lindner 50 Mitarbeitende BMF an dem dafür notwendigen Gesetzgebungsverfahren, dessen formaler Prozess im Jahr 2024 abgeschlossen werde.  

 

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Dr. Fabian Meinecke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger

 

NRW erhält Daten einer Handelsplattform für Kryptowährungen

Das nordrhein-westfälische Ministerium der Finanzen hat auf ein Auskunftsersuchen hin Daten über Händler*innen auf Kryptoplattformen erhalten, welche nun auf Nachweise für Steuerhinterziehungen untersucht werden. Das Datenpaket sei bereits mit anderen Bundesländern geteilt worden.  

Wie in einem vorherigen Blogpost erklärt, unterliegen Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer. Dies hat insbesondere zur Folge, dass Gewinne aus dem Handel mit Currency Tokens bei einer Haltedauer von unter einem Jahr in Höhe des persönlichen Steuersatzes versteuert werden müssen. Werden die Kryptowährungen über ein Jahr gehalten, sind Gewinne aus der Veräußerung grundsätzlich nicht zu versteuern. Anderes gilt für das Mining von Tokens, welches bei sehr geringem Umfang steuerfrei bleiben kann, in der Regel aber der Gewerbesteuer unterworfen ist. Grundsätzlich ist es für Trader empfehlenswert, ihre An- und Verkäufe übersichtlich und plausibel zu dokumentieren und dadurch einen Nachweis für die Steuerbarkeit zu erbringen, sodass effektiv gegen einen etwaigen Schätzungsbescheid vorgegangen werden kann. Durch die Auskunft an die Finanzämter erhalten diese nun zumindest für die Trades auf den betroffenen Krypto-Handelsplattformen Informationen über private Einkünfte. Daraus können sie auch ohne die Auflistung durch die Steuerpflichtigen den Zeitraum sowie die Höhe der Gewinne ermitteln und den Umfang der Steuerpflicht bestimmen.  

Wer nun Gefahr läuft, einer Steuerhinterziehung beschuldigt zu werden, sollte über eine strafbefreiende Selbstanzeige nachdenken. Auch ein Einspruch gegen festgesetzte Steuerbescheide kann sich u.U. lohnen.  

Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Ihnen Unterstützung bieten können. 

 

Dr. Fabian Meinecke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger

Sind Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen steuerpflichtig?

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH, Urt. v. 14.2.2023 – IX R 3/22, DStR 2023, 435) stellen Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen (“Currency Tokens”) sonstigen Einkünfte dar. Die Currency Tokens (hier: Bitcoin, Ether und Monero) hat das Gericht als “andere Wirtschaftsgüter” iSd § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG angesehen.  

 

Der Einkommensteuer unterliegen nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG unter anderem Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG aus nichtselbständiger Arbeit und gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen. Laut § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG sind auch sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 EStG einkommensteuerpflichtig.  

Strittig war zum einen die Rechtsnatur der Tokens als “Wirtschaftsgüter” und zum anderen die Eigentümerstellung und die daraus resultierende Zurechnung der Gewinne an den Steuerpflichtigen. 

 

  1. Der Begriff des “Wirtschaftsguts” in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG umfasst nicht nur Sachen und Rechte des bürgerlichen Rechts, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vermögenswerte sowie Vorteile aller Art, denen nach der Verkehrsanschauung ein Geldwert zugesprochen wird. Kryptowährungen in Form einer “Kette von digitalen Signaturen” fallen zwar nicht unter den zivilrechtlichen Begriff des Geldes, seien wirtschaftlich betrachtet jedoch als Zahlungsmittel anzusehen. Sie können an dafür vorgesehenen “Märkten” gehandelt werden, an denen alle Beteiligten den Tokens einen greifbaren Wert zumessen. Zwar ist die jeweilige Durchsetzung und Durchführung der Geschäfte an diesen Märkten nicht gesichert und auch die randomisierte Zusammensetzung der Tokens aus digitalen Signaturketten führe nicht dazu, dass sie mit einem nicht steuerbaren Lottogewinn zu vergleichen seien. Vielmehr habe der einzelne Händler ein Token-Portfolio, von welchem verselbstständigte Untereinheiten der jeweiligen Währungen losgelöst und auf einschlägigen Plattformen gehandelt werden können, wobei für sie ein Entgelt für die Übertragung erzielt werden kann. Dementsprechend sei ihnen ein messbarer Wert sowie eine Verkehrsfähigkeit zuzusprechen, was zu einer strukturellen Vergleichbarkeit mit Fremdwährungen führe, welche bereits als “Wirtschaftsgüter“ i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG angesehen werden (Wie genau Währungsgewinne steuerlich einzuordnen sind, steht aktuell zur Diskussion. Dass dies Auswirkungen auf die Bewertung von Kryptowährungen hat, ist jedoch nicht zu erwarten. So hatte das Bundesministerium der Finanzen in einer Stellungnahme im Rahmen des Verfahrens, welches zu dem Urteil führte, das diesem Artikel zugrunde liegt, ausdrücklich die Qualität als Wirtschaftsgut herausgestellt und somit nicht auf die Einordnung als Kapitalerträge schließen lassen).
  2. Eigentümer, und somit potentiell steuerpflichtig, eines Wirtschaftsguts ist nach § 38 Abs. 1 AO nicht nur, wer nach zivilrechtlichen Grundsätzen als solcher anzusehen ist, sondern auch wem die faktische Berechtigung daran zukommt. Dementsprechend ist die Eigentümerstellung beim Erwerber des “private key” zu verorten, welcher mithilfe dieses Zugangs die Transaktionen von Tokens durchführen kann. Wechselt diese Eigentümerstellung und wird dafür eine Gegenleistung in Form einer anderen (virtuellen) Währung erworben, so liegt ein Veräußerungsgeschäft vor. 
  3. Durch die Verkehrsfähigkeit, die Werthaltigkeit sowie die Zurechenbarkeit der Currency Tokens ist ein Tausch dieser untereinander sowie eine Veräußerung gegen eine staatliche Währung ein Geschäft mit einem “Wirtschaftsgut” i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, sodass es den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfüllt und als Fall der sonstigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG der Einkommensteuer unterliegt.  

 

Das bedeutet, dass alle Gewinne, die aus der Veräußerung und dem Tauschen dieser digitalen Währungen untereinander (also auch Bitcoin gegen Ether oä.), generiert werden, einer Besteuerung nach dem jeweiligen Einkommensteuersatz unterliegen. Dies kann nur vermieden werden, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung über ein Jahr liegt, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG. Da dies beim spekulativen Handeln mit Kryptowährungen selten der Fall ist, dürfen solche Einkünfte bei der Steuererklärung nicht außen vorgelassen werden.  

Wer über einen langen Zeitraum stetig in Currency Tokens investiert und diese als Kapitalanlage hält, sollte eine nachvollziehbare Übersicht erstellen, aus der ersichtlich wird, zu welchem Zeitpunkt wie viele digital bzw. electronical coins oder andere Tokens erworben wurden. Dadurch kann eine Einkommensbesteuerung der Anteile, deren Erwerb bei Gewinnrealisierung über ein Jahr zurück liegt, verhindert werden.  

 

Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Ihnen Unterstützung bieten können. 

 

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger