Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) und die Steuerpflicht ihrer Mitglieder

Handelt ein Mitglied der EWIV, sind die Betriebseinnahmen des Mitglieds ihm selbst steuerlich zuzurechnen, auch wenn alle Forderungen an die EWIV abgetreten wurden.  

 

Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine supranationale europäische Rechtsform, die seit 1985 besteht. Durch sie soll Unternehmen und Freiberuflern ermöglicht werden, grenzüberschreitend zu kooperieren und dadurch ihre Ressourcen zu bündeln und Ausgaben zu minimieren. Die EWIV übernimmt dabei eine reine Hilfsfunktion, sie selbst darf keine Gewinnabsichten verfolgen. Demgemäß entfällt in Deutschland die Körperschafts- und Gewerbeertragssteuer auf die Vermögenswerte der EWIV, was sie als attraktives Steuersparmodell erscheinen lässt.  

Hier ist jedoch Vorsicht geboten, wie ein Beschluss des FG Berlin–Brandenburg (FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.8.2022 – 10 V 10194/21) zeigt.  

Anlass war ein Antrag einer GmbH, welche als Mitglied einer EWIV alle Ansprüche im Zuge einer Globalzession, § 398 ff. BGB, auf die EWIV übertragen hatte. Die GmbH ging davon aus, dass durch eben diese Abtretung jegliche Gewinne aus den abgetretenen Forderungen nicht bei ihr, sondern bei der EWIV zu verorten und somit nicht von der GmbH zu versteuern sein.  

Dem widersprach das FG Berlin-Brandenburg. Es führt insbesondere das Transparenzprinzip des Art. 40 EWIV-VO an, wonach Betriebseinnahmen und –ausgaben der Mitglieder einer EWIV von ihnen selbst nach den Vorgaben des nationalen Steuerrechts zu versteuern sind.  

Die Erlöse aus den von der GmbH gestellten Ausgangsrechnungen seien in dem Zeitpunkt realisiert, in dem die jeweilige Sach- oder Dienstleistung erbracht wurde und somit der GmbH zuzuordnen. Dass die Rechnungsbeträge aufgrund der Globalzession lediglich von der EWIV eingezogen werden dürfen, ändere nichts daran, dass die Gewinnerzielung nicht durch die EWIV, sondern durch die GmbH erfolgte. Wie letztere mit der Realisierung der Erlöse verfahre, sei lediglich Gewinnverwendung, nicht jedoch Gewinnerzielung. Folglich sei das gewinnorientierte Handeln der GmbH zuzurechnen, was auch die Forderungsinhaberschaft der EWIV nicht negiere.  

Die Vorstellung der GmbH, sie könne all ihre Erträge steuerlich der EWIV zuordnen und dadurch Steuern sparen, hat sich somit nicht bewahrheitet. Viel mehr stellt der Beschluss des FG Berlin-Brandenburg klar, dass die Zurechnung von Betriebseinnahmen nicht lediglich von der Forderungsinhaberstellung abhängt. Stattdessen scheint es dem FG zufolge darauf anzukommen, an welcher Stelle die Einnahmen generiert werden. Handele hier ein Mitglied der EWIV selbst, so seien ihm diese Betriebseinnahmen steuerlich zuzurechnen.  

 

Gegen den Beschluss des FG Berlin-Brandenburg ist unter dem Az. BFH: XI B 87/22 (AdV) beim BFH Beschwerde eingelegt.  

 

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger