Pflicht zur Verdachtsmeldung nach §§ 11, 14 Geldwäschegesetz (GwG) bei Selbstanzeigenfällen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in ihrem Rundschreiben zur Verdachtsmeldung Hinweise zur Meldepflicht bei Selbstanzeigenfällen gemacht. Danach sind nach § 11 Abs.1 Satz 1 GwG Verdachtsmeldungen dem Bundeskriminalamt (Zentralstelle für Verdachtsmeldungen) und der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zu machen, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt, oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen. Eine Meldung hat dann durch den Verpflichteten unabhängig von ihrer Höhe oder diese Geschäftsbeziehung zu erfolgen. Die Mitteilung hat unverzüglich mündlich, telefonisch, fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung zu erfolgen. Relevant ist diese Meldung auch im Zusammenhang mit der Abgabe einer Selbstanzeige.

Bei der Erstellung strafbefreiender Selbstanzeigen gem. § 371 Abs. 1 AO tritt Straffreiheit grundsätzlich unter den dort geregelten Voraussetzungen für den Selbstanzeigenerstatter ein.Zu beachten ist aber, dass Steuerhinterziehung seit dem 01.01.2008 mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (vgl. Bundesgesetzblatt I 2007, S. 3198) geeignete Geldwäschevortat ist, soweit sie gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen wurde (vgl. § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 b StGB).

Eine Bande liegt aber schon vor, wenn drei Personen sich zwecks Begehung strafbarer Handlungen zusammen tun. Hat beispielsweise ein Ehepaar mit Hilfe eines Dritten gehandelt, der Kenntnis von der geplanten Steuerhinterziehung hat (z.B. Bankangestellter) ist das Tatbestandsmerkmal einer „Bande“ in diesem Sinne bereits erfüllt.

Die BaFin hat in dem Rundschreiben nunmehr darauf hingewiesen, dass, soweit ein Verpflichteter Kenntnis erlangt, dass ein Kunde von ihm eine Selbstanzeige gem. § 371 AO abgegeben hat oder die Abgabe einer solchen beabsichtigt und nicht auszuschließen ist, dass eine entsprechende Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der mit dem Kunden bestehenden Geschäftsbeziehung oder Vermögenswerten des Kunden steht, der Verpflichtete eine Verdachtsmeldung gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG zu erstatten hat, soweit die darin genannten Voraussetzungen vorliegen.

Die Konsequenz für die Praxis wird sein, dass nach den BaFin-Hinweisen im Zweifel eine Verdachtsmeldung an das BKA sowie die örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörden schon dann vorzunehmen sind, wenn ein Bankkunde umfangreiche Erträgnisaufstellungen bzw. Kontoauszüge bei seiner Bank anfragt. Die sich daraus ergebene Schlussfolgerung, dass der Bankkunde die Bankunterlagen zur Erstattung einer Selbstanzeige angefordert hat, zwingt in dem Fall den Bankmitarbeiter zu einer Verdachtsmeldung nach § 11, § 14 GwG. Es ist künftig demnach auch aus Beratersicht davon auszugehen, dass nach den erteilten BaFin-Hinweisen der Bankmitarbeiter bei Anforderungen für Erträgnisaufstellungen/Kontoauszügen der letzten Jahre davon ausgeht, dass eine Selbstanzeige abgegeben wird und deshalb verpflichtet ist, eine Verdachtsmeldung vorzunehmen und die Behörden entsprechend zu informieren.

Durch die damit einhergehende Tatentdeckung würde ein Sperrgründ im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO eintreten, soweit der Selbstanzeigenerstatter im Zeitpunkt der Erstattung Wissen hatte oder damit rechnen musste, dass die Tat entdeckt ist. Soweit aber nunmehr bekannt ist, dass schon bei Anforderung von Erträgnisaufstellungen/Kontoauszügen der letzten Jahre durch Bankkunden eine solche Verdachtsmeldung zu erfolgen hat, ist auch aus Sicht des Selbstanzeigenerstatters von einem „Kennenmüssen der Tatentdeckung“ auszugehen, so dass eine Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend abgegeben werden könnte.
Als Lösung kommt eine gestufte Selbstanzeige in Betracht. Zunächst sind deshalb im Wege einer großzügigen Schätzungserklärung auf der ersten Stufe die entsprechenden Besteuerungsgrundlagen nach zu erklären und im Anschluss daran nach Anforderung der notwendigen Bankunterlagen eine Konkretisierung bezüglich der einzelnen Teilbereiche der Kapitaleinkünfte, wie z.B. Veräußerungserlöse, Zinseinnahmen, Dividenden u.s.w. auf der zweiten Stufe nachzuschieben.

Es wird sich zeigen, ob die Finanzverwaltung hierzu noch in einem BMF-Schreiben gesondert zu der notwendigen Verdachtsmeldung und den sich hieraus ergebenen Konsequenzen für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige Stellung nehmen wird.