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Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zu verschärfter Verfolgung von Geldwäsche

Mit einer erheblich verschärften Gesetzgebung will die Bundesregierung künftig den Straftatbestand der Geldwäsche effektiver verfolgen. Gestern beschloss die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). Die Hauptneuerung: Jede Straftat kann nun als Vortat für eine Geldwäsche gewertet werden – auch Delikte wie Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Untreue und Erpressung, die bisher nur dann als Vortaten der Geldwäsche in Betracht kamen, wenn sie gewerbsmäßig oder durch Banden begangen wurden. Diese Verschärfung hat auch Auswirkungen auf die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie innerhalb von Unternehmen.

Bislang war eine strafrechtliche Verfolgung von Geldwäsche – also der Einschleusung illegal erwirtschafteter Gelder in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf – nach § 261 Strafgesetzbuch (StGB) nur unter der Voraussetzung möglich, dass zuvor eine bestimmte Straftat begangen worden war. Diese waren aufgelistet im Vortatenkatalog der Strafnorm (Absatz 1). Dazu zählten: Raub, gewerbsmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln, Hehlerei, Bestechung, die Unterstützung terroristischer Vereinigungen oder schwere Steuerhinterziehung. „Durch den Verzicht auf den Vortatenkatalog wird künftig die Kriminalitätsbekämpfung in diesem Bereich deutlich effektiver. Das gilt insbesondere für den Bereich der organisierten Kriminalität, bei der Täter arbeitsteilig vorgehen und der Bezug zu bestimmten schweren Vortaten sich nicht immer feststellen lässt, so etwa bei der Rückverfolgung von verdächtigen Finanztransfers (sog. „follow the money“-Ansatz)“, teilte das Ministerium bei der Vorstellung des neuen Entwurfes mit.

Im Gesetzentwurf heißt es: „Seiner ursprünglichen Konzeption nach diente § 261 StGB der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, indem das Einschleusen von Vermögensgegenständen, die aus unerlaubten Drogengeschäften, aus Verbrechen oder aus von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen Vergehen stammen, in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf unter Strafe gestellt wurde (vergleiche Bundestagsdrucksache 12/989, S. 26 f.; Bundestagsdrucksache 12/3533, S. 10 f.). Dieses Ziel wurde in der Folge auf die Bekämpfung anderer schwerwiegender Kriminalität ausgeweitet, ohne dass im Einzelfall ein Bezug zur organisierten Kriminalität bestehen muss (vergleiche Bundestagsdrucksache 12/6853, S. 27 f.; Bundestagsdrucksache 13/8651, S. 11 f.; Bundestagsdrucksache 14/8893, S. 10). Die nunmehr vorgesehene Erstreckung auf alle Straftaten geht über die Bestimmungen der Richtlinie hinaus, die im Vergleich zum geltenden Recht lediglich die Einbeziehung einer Reihe weiterer Delikte als Geldwäschevortaten fordert. Systematik und Grenzen dieser Richtlinienvorgaben sind teilweise kompetenzrechtlicher Natur. Mit dem Verzicht auf einen selektiven Vortatenkatalog und der Aufnahme sämtlicher Straftaten in den Kreis der Vortaten wird der Tatbestand erweitert und die Beweisführung entsprechend erleichtert. Dabei gilt aber weiterhin, dass die volle Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen einer Vortat erforderlich ist. Das Gericht muss von der strafrechtlichen Herkunft des Geldwäschegegenstands überzeugt sein, also zu seiner sicheren Überzeugung feststellen, dass der zu waschende Gegenstand Tatertrag, Tatprodukt oder ein an dessen Stelle getretener anderer Vermögensgegenstand ist.

Der Strafrahmen sieht weiterhin Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor, in besonders schweren Fällen – insbesondere bei gewerbs- oder bandenmäßigem Handeln – sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Wer leichtfertig einen durch eine Straftat erlangten Vermögensgegenstand nicht erkennt, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.

Laut Paragraf 8 des Gesetzentwurfes wird nicht bestraft

  1. wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste

Die Ermittlungsbefugnisse sollen dabei nicht geändert werden und Telekommunikation- und Online-Überwachungen nach wie vor ausschließlich bei schwerwiegenden Fällen zum Einsatz kommen. Sollten zur Beurteilung des Einzelfalles besondere Wirtschaftskenntnisse notwendig sein, sollen statt der bislang zuständigen Landgerichte die Wirtschaftsstrafkammern übernehmen.

Im Bezug auf die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie, die bereits im Dezember 2019 in Kraft trat und bis Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden muss, bedeutet der neue Gesetzentwurf, dass die Implementierung eines geeigneten Hinweisgebersystems für Unternehmen immer dringender wird. Laut der Richtlinie sind Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern, sämtliche Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche sowie Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern verpflichtet, ein internes Whistleblowing-System einzurichten. (siehe auch https://omv-law.com/compliance/)

Strafrechtler kritisieren den gestern beschlossenen Gesetzentwurf. Das neue Gesetz werde die ohnehin Strafjustiz mit unzähligen Verfahren belasten und damit eine effektive Geldwäschebekämpfung nicht stärken, sondern schwächen. Durch die Erfassung von Geld aus weit verbreiteten Massendelikten würden Banken, Händler und letztlich sämtliche Wirtschaftsakteure vor große Probleme gestellt. Manche Experten zeigen sich irritiert, dass das Gesetz, das zum Ziel hatte, die EU-Richtlinie 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche umzusetzen, diese Vorgaben bewusst bei weitem übertreffe.

Hier finden Sie den gesamten Gesetzentwurf: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Geldwaesche_Bekaempfung.html?nn=6705022

Hier finden Sie die EU-Whistleblowing-Richtlinie: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019L1937&from=EN